BBW bietet Riesenchance für den Stadtnorden
BBW bietet Riesenchance für den Stadtnorden
Damit haben die BBW-Mitarbeiter mit Gesamtleiter Walter Krug, aber auch Abensbergs Erster Bürgermeister Dr. Uwe Brandl nicht gerechnet: Über 70 interessierte Abensbergerinnen und Abensberger waren der Einladung zum Nahversorgungs-Informationsabend gefolgt. Im Vorfeld des vergangenen Mittwochs (20. April 2016) hatte Abensbergs erster Bürgermeister die Einwohner nördlich der Bahnlinie und alle Interessierten ins BBW eingeladen; auch medial wurde auf die Veranstaltung hingewiesen. Hintergrund ist die seit einigen Jahren politisch wie gesellschaftlich diskutierte Nahversorgungs-Situation für die Bewohner nördlich des Bahngleises.
Eine von einer Minderheit im Stadtrat geforderte "große Lösung", die Ansiedlung eines Rundumversorgers wie REWE oder Edeka mit Getränkemarkt sowie Bäckerei, ist derzeit weder machbar (es liegen keine Ansiedlungsanfragen vor), noch wird dies von einer Mehrheit im Stadtrat unterstützt. "Wir würden der Altstadt massiv schaden", so Bürgermeister Dr. Brandl, der am Mittwochabend zu Beginn noch einmal kurz die Historie anriss. Zwei unabhängige Gutachten dienten dem Stadtrat als Grundlage, beide werteten, dass ein zusätzlicher großer Rundumversorger an Abensbergs Peripherie dem Stadtkern dringend benötigte Umsätze abzieht. Die Folge wäre - wie andernorts viel beklagt - die Verödung des Stadtkerns.
So entschied sich der Abensberger Stadtrat gegen eine große Lösung - zum Schutz der Innenstadt. Die Suche nach einem Investor für eine "kleine Lösung", einen Nahversorger mit 800 bis 1200 qm Verkaufsfläche, brachte kein Ergebnis.
Beim Abensberger Wirtschaftsempfang zu Beginn des Jahres wurde von Dr. Brandl schließlich eine greifbare Alternative angestoßen - was, wenn die Abensberger nördlich der Bahnlinie den Einkaufsmarkt des BBW verstärkt nutzen? Dieser befindet sich derzeit in der Umbauphase und könnte auf die Bedürfnisse der Abensberger abgestimmt werden. Betrieben wird der Einkaufsmarkt vom BBW, das damit seinen Jugendlichen in Ausbildung einen echten Azubi-Alltag bieten kann. Mehr Kundschaft, mehr Service - das alles würde den Interessen der Ausbilder und der Azubis entgegen kommen, denn mehr Erfahrung in der Ausbildung heißt erhöhte Chancen auf dem Stellenmarkt. "Ihr Anliegen: Versorgung. Unser Anliegen: Ausbildung." Auf diesen kurzen Nenner brachte es BBW-Gesamtleiter Krug vor den in seinem Haus erschienenen Interessierten. "Ich bin ein bissl erschlagen vom Zuspruch", freute er sich zu Beginn: "Wir haben mit zehn bis 15 Leuten gerechnet." Die Stuhlreihen in der BBW-Mensa waren besetzt.
Und vielen Erschienenen war der bereits bestehende Einkaufsmarkt im BBW neu - obwohl er das nicht ist: "Den haben wir seit fast 30 Jahren", so Krug. Der Markt steht der gesamten Bevölkerung zur Verfügung. Dass er bislang ein eher unbekanntes Dasein fristete, ist Absicht, will man doch nicht durch große Marketingaktionen in Konkurrenz zur Abensberger Geschäftswelt gehen.
Die Stadt sieht hier allerdings eine echte Chance - denn mit dem BBW lässt sich über das Angebot reden wie auch über die Werbeaktivitäten, mit einem Filialisten nicht. Und so könnte mit einer guten Angebotspalette und einem sanften Werbeauftritt doch einiges für die Abensberger erreicht werden, die sich bislang unterversorgt fühlen. Krug: "Wir können das - aber wir müssen es wirtschaftlich vertreten." Denn auch ein Einkaufsmarkt, in dem Jugendliche zu Kaufleuten ausgebildet werden, müsse tragfähig sein. Das Angebot muss auf Nachfrage treffen und auch preislich überzeugen, denn, so Krug, "die Kunden rechnen mit jedem Cent". Das hätten er und seine Mitarbeiter im Drogeriemarkt in Lagquaid erfahren müssen; dort wurde eine Schlecker-Filiale im Ortskern nach der Schließung zu einem Ausbildungsbetrieb des BBW umgewandelt; ein Prozess, der für viel Applaus sorgte - aber "der Umsatz hängt hinterher", so Krug. Man versuche, durch laufende Anpassungen des Sortiments nun Stück für Stück Umsatzverbesserungen zu erreichen.
Deshalb gilt für das Abensberger Vorhaben: "Wir wollen gerne mit Ihnen allen reden. Wir müssen eben vorsichtig sein und prüfen, ob es tragfähig ist." Krug zeigte sich optimistisch: "Aber wenn das Projekt gut läuft, können wir über einen Neubau auf einem städtischen Grundstück reden."
BBW-Ausbildungsleiterin Gerlinde Dubb ging anschließend auf das bereits im Haus bestehende Angebot ein (Geschenke, Wolle, Dekoartikel, Nahrungsmittel, Getränke, Süßigkeiten – alles in Auszügen aus einem Gesamtsortimentund Spielsachen sowie Markenkleidung für Babys und Kleinkinder) und erläuterte auch, weshalb derzeit ein Umbau ansteht: "Wir haben keine Auszubildenden für die Metzgerei mehr." Den dadurch frei werdenden Raum könne man für Angebotserweiterungen nutzen. Denkbar sei grundsätzlich alles, was auch Edeka anbiete. Und was nicht da sei, könne man auch kurzfristig bestellen - was wiederum den Gedanken an einen Lieferservice ins Leben rief, der bei Bürgermeister Dr. Brandl sofort auf helle Begeisterung stieß.
Zuvor aber gibt es seitens des BBW drei Alternativen, die Gerlinde Dubb vorstellte:
• Umbau mit Erweiterung und Anpassung des Sortiments, an bestehendem Ort (im BBW Haupthaus), machbar bis Frühjahr/Sommer 2017. Ebenerdig und mit dem PKW erreichbar.
• Wenn das gut läuft, könnte die Gründung einer Integrationsfirma erfolgen - diese errichtet ein Einzelhandelsgebäude für 800 qm Verkaufsfläche auf einem Grundstück, das die Stadt Abensberg am Bad Gögginger Weg vermitteln könnte. Nachteil ist, dass dies keine "schnelle Lösung" ist. Die Integrationsfirma ist überdies wirtschaftlich zumindest zur Schwarzen Null verpflichtet.
• Auch möglich ist die Errichtung eines Neubaus durch eine Integrationsfirma direkt neben der Prälat Michael Thaler-Schule, also auf dem BBW-Gelände, allerdings wesentlich besser erreichbar als der bereits bestehende Einkaufsmarkt.
Bürgermeister Dr. Brandl zeigte sich erfreut über die Offenheit der BBW-Verantwortlichen: "Kein Investor lässt Sie mitreden. Wenn einer kommt und es läuft nicht, ist der in 14 Tagen wieder weg." Dass sich das BBW hier so gesprächsbereit zeige, bestätige die Sicht der Stadt, dass das BBW "Teil von Abensberg und Partner der Stadt" sei. Eine "kleine Lösung", die sich anhand des Bedarfs entwickeln könne, verknüpft mit dem Gedanken an einen Lieferservice, gerade ideal für eine Stadt, die sich die Barrierefreiheit auf ihre Fahnen geschrieben hat, das hat für den 1. Bürgermeister doch reichlich Charme - und Entwicklungspotential. "Machen wir kleine Schritte, testen wir, ob der Markt angenommen wird." Natürlich sei auch der Standort mit der Nutzung eines Autos verbunden - "aber das haben Sie überall." Trotzdem gelte: "Wir lassen den Norden nicht alleine. Und das wäre ein Weg."
Natürlich - das wurde bei der Fragerunde mehrfach deutlich - sind heute große Rundumversorger gefragt. Dennoch schien sich die Mehrheit der Erschienenen mit einem vergrößerten und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Einkaufsmarkt im BBW im Laufe des Abends anzufreunden. Bevor der Markt besichtigt wurde und die BBW-Ausbilder bereits die Wünsche ihrer potentiellen Kunden notierten, brachte es Walter Krug nochmals auf den Punkt: "Ich verstehe, dass wir für Sie nicht der ideale Standort sind. Aber ich verstehe auch Dr. Brandl - Innenstadt am Leben erhalten ist ein schwieriges Geschäft."
Wie geht es nun weiter?
Ausbildungsleiterin Gerlinde Dubb und die Ausbilder Karl Hagen, Benjamin Liebzeit und Christian Guhl haben im Gespräch mit den Abensbergern einige Schwerpunkte in den Angebotswünschen ausgemacht. Diese sind: Grundnahrungsmittel im günstigen Preissegment, Biolebensmittel, Frischebereich (Bäcker, Metzger, Obst und Gemüse) und ein Grundsortiment an Drogeriewaren des täglichen Bedarfs. Der Umbau des Marktes erfolgt ab Herbst 2016; voraussichtlicher Abschluss wird im Sommer 2017 sein. Bis dahin kann das Angebot schrittweise angepasst und vergrößert werden.
Das Foto entstand nach der Diskussion bei der Besichtigung des BBW-Supermarktes.
Veröffentlicht von Ingo Knott , 06.05.2016